Technologische Fortschritte, Marktanpassungen und Unternehmenswachstum erfordern die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur. Die Umsetzung solcher Veränderungen kann jedoch komplex, riskant und zeitaufwendig sein. Noch wichtiger ist, dass solche IT-Veränderungen direkt die Arbeit und Produktivität der Mitarbeiter beeinträchtigen können, die auf Technologie im Unternehmen angewiesen sind. Unabhängig davon, ob es sich um einen neuen Bürodrucker oder eine komplett neue Technologie handelt, sind korrekte Dokumentation, Genehmigung und Implementierung entscheidend.
IT-Change-Management bezeichnet einen definierten Prozess, um Neuerungen in der Unternehmens-IT möglichst optimal umzusetzen. Veränderungen der IT können sich generell auf vier Ebenen abspielen:
Stell dir vor: Du möchtest ein herkömmliches Virenschutz-Update durchführen, was generell keine große Herausforderung darstellt. Auch wenn diese wiederkehrende Aufgabe unkompliziert scheint, können davon interne und kundenbezogene Systeme beeinträchtigt werden. Deshalb musst du entweder regelmäßige Ausfälle während solche Updates oder die Gefahr veralteter Sicherheitsmaßnahmen akzeptieren. Das sind beides keine guten Optionen, oder?
Denn um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss dein IT-Team einen stabilen sowie zuverlässigen Service anbieten und gleichzeitig regelmäßige Updates bereitstellen. Auch wenn Stabilität und Zuverlässigkeit eine gewisse Konstanz benötigen, bringt Wachstum neue Veränderungen mit sich. Also stehen diese beiden Ziele häufig im Widerspruch. Hierfür schafft ein ausgereiftes IT-Change-Management Abhilfe, in dem es Unternehmen auf beiden Seiten unterstützt.
Im Grunde hat das IT-Change-Management zwei wichtige Funktionen: Auf der einen Seite dient es als Leitfaden für die Implementierung wichtiger Changes im Unternehmen. Auf der anderen Seite reduziert es dadurch kostenaufwändige Serviceunterbrechungen. Dadurch können Unternehmen wie folgt profitieren:
Allgemein können somit die gesamten Change-Prozesse optimiert werden, wodurch Serviceausfälle minimiert werden und dem Endbenutzer schneller einen Mehrwert bereitgestellt werden kann.
Generell ist das ITIL (Information Technology Infrastructure Library) ein beliebtes Framework für das IT-Service-Management (ITSM) und wird in nahezu jeder Branche angewendet. Mithilfe dieses Framework kann die Standardisierung des Lebenszyklus von IT‑Services innerhalb eines Unternehmens aufgebaut werden. Dabei kann ITIL die Vorhersagbarkeit und Effizienz bei der Serviceauswahl sowie Bereitstellung steigern. Im gleichen Zug können dadurch Serviceverwaltung und Wartungsarbeiten erfolgreich gemanagt werden. Im Laufe der Zeit wird das Framework fortlaufend weiterentwickelt, aktuell arbeitet man mit der ITIL 4 Version.
Der IT-Change-Management-Prozess beginnt mit dem Request-for-Change (RfC), einem Änderungsantrag, der alle nachfolgenden Aktivitäten dokumentiert. In der nächsten Phase werden alle relevanten Informationen für den Change gesammelt und bewertet. Anschließend erfolgt die Überwachung und Planung, bei der ein Zeitplan mit Meilensteinen erstellt wird. Nach der Genehmigung des Changes wird er an die zuständigen Teams übergeben, die ein Testmodell entwickeln, um die Servicequalität zu gewährleisten. Nach erfolgreicher Testphase wird die Implementierung freigegeben. In der Implementierungsphase erfolgt die Umsetzung des geplanten Changes unter Koordination der beteiligten Teams. Schließlich wird der Change ausgewertet, um festzustellen, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden und ob Optimierungsbedarf besteht.
Typischerweise wird der gesamte Prozess von einem Change Manager koordiniert, der von einem Change Advisory Board unterstützt wird. Die beiden Parteien treffen sich spätestens alle 20 Tage, um die Fortschritte des IT-Change-Management-Projektes zu bewerten.
In traditionellen IT-Organisationen wird ein Change Advisory Board (CAB) autorisiert, die Risiken jedes "request for change" zu bewerten und zu genehmigen oder abzulehnen. Dafür hält das CAB regelmäßige Meetings ab und zieht bei Bedarf Experten hinzu. Gerade weil CABs Risiken minimieren können, verursacht das auch häufig Engpässe im Personalbereich. Denn der Genehmigungsprozess kann komplex und zeitaufwändig sein, was den Change-Prozess verlangsamt.
Aus diesem Grund nutzen einige Unternehmen das CAB nur als Berater für Änderungstrends, Ratschläge und die Koordination. Deshalb empfiehlt die ITIL 4, die Change Authority zu dezentralisieren und in normale Arbeitsabläufe mit Stakeholdern zu integrieren. So können Unterbrechungen vermieden und flexiblere, kollaborative Alternativen wie Automatisierung, virtuelle Checklisten und Peer Reviews genutzt werden.
Grundsätzliche ist das ITIL-Framework eine funktionale und sinnvolle Methode für das IT-Change-Management. Allerdings müssen zwei wichtige Punkte berücksichtigt werden. Erstens sollte das Framework flexibel gehandhabt werden, da nicht jeder Change den gesamten Prozess benötigt. Beispielsweise kann die Einrichtung eines neuen Arbeitsplatzes für einen Benutzer einfach durch Änderungsanfrage, Implementierung und Bewertung erfolgen.
Zweitens ist zu beachten, dass das ITIL-Framework zwar für die technische Umsetzung von Changes geeignet ist, jedoch die menschliche Komponente vernachlässigt. Die Akzeptanz und Unterstützung der Mitarbeiter sind entscheidend für den Erfolg eines Change-Prozesses. Zusammenfassend kann das ITIL-Framework eine solide Grundlage für das Change-Management in der IT bieten, muss aber flexibel angepasst werden und sollte die Bedenken der Mitarbeiter berücksichtigen.
Im Bereich des IT-Change-Managements kategorisiert ITIL Changes in drei Gruppen: Standard Changes, normale Changes und Notfall-Changes.
Im Allgemeinen sind Standardänderungen risikoarme, vorab genehmigte Changes, die regelmäßig und nach einem vorgegebenen Prozess durchgeführt werden. Hierfür sind Beispiele das Erweitern von Arbeitsspeicher, das Austauschen eines fehlerhaften Routers oder das Erstellen einer neuen Datenbankinstanz. Weil diese Änderungen einem festgelegten Prozess folgen, der bereits durch eine Risikobewertung und Genehmigung autorisiert wurde, sind keine weiteren Genehmigungen bei jedem Vorgang erforderlich. Somit können Unternehmen von der Automatisierung solcher standardisierten Änderungen profitieren, wodurch Teams sich auf normale und Notfalländerungen konzentrieren können.
Daneben sind normale Änderungen weder Notfall- noch Standardänderungen und verfügen über keinen vorab genehmigten Prozess. Beispielsweise kann dies ein Upgrade auf ein neues CRM-System, die Migration zu einem neuen Rechenzentrum oder Leistungsverbesserungen sein. Im Grunde sind solche Änderungen weder routinemäßig noch wiederkehrend und können mit gewissen Risiken verbunden sein.
Deshalb unterliegen sie einer Risikobewertung und Genehmigung im Änderungsmanagement, je nach Einstufung des Risikos. Ein Rechenzentrumswechsel ist riskant und erfordert eine Genehmigung durch ein Change Advisory Board. Dagegen sind Website-Änderungen risikoärmer und können schneller von einer festgelegten Change Authority oder durch automatische Überprüfungen und Peer Reviews genehmigt werden.
Zusätzlich treten Notfalländerungen aufgrund unerwarteter Fehler oder Bedrohungen auf und erfordern sofortiges Handeln, wie zum Beispiel die Implementierung eines Sicherheitspatches oder die Behebung eines Serverausfalls. Solche Änderungen werden mit hoher Priorität implementiert, da das Risiko eines langen Prüfprozesses höher ist als das schnelle Beheben des Problems. Allgemein hängt die Kategorisierung von Änderungen von Kriterien wie dem Unternehmen, den Prozessen und der Risikotoleranz ab. Daher wird empfohlen, jeden Änderungsantrag individuell zu behandeln, basierend auf einer Risikobewertung.
Generell hängen die Rollen im Änderungsmanagement von zahlreichen Faktoren ab, einschließlich der Größe und Vorgehensweise der IT-Organisation. Deshalb sind hier einige der häufigsten Rollen aufgeführt.
Der Change Initiator im IT-Change-Management ist die Person oder Gruppe, die eine Änderung im IT-System oder der IT-Infrastruktur vorschlägt. Dies kann beispielsweise eine Person sein, die einen Fehler entdeckt hat, der behoben werden muss. Oder ein Manager, der eine Verbesserung vorschlägt, um die Effizienz zu steigern. Sowie ein Entwickler, der eine neue Funktion oder ein neues Feature vorschlägt.
Change Manager, oft auch als Change Coordinator bekannt, tragen die Verantwortung für die gesamte Verwaltung von IT-Änderungen. Ihre Aufgaben umfassen das Priorisieren von Änderungsanfragen, das Beurteilen der Konsequenzen solcher Änderungen sowie das Akzeptieren oder Ablehnen der vorgeschlagenen Änderungen.
Darüber hinaus sind sie für die Dokumentation von Änderungsmanagementprozessen und Änderungsplänen verantwortlich. Zu den Hauptaufgaben eines Change Managers gehört die Planung, Organisation und Durchführung von CAB-Meetings. Ihr Erfolg wird in der Regel anhand ihrer Fähigkeit bemessen, vorgegebene Zeit- und Budgetziele zu erreichen.
Normalerweise reichen Entwicklerteams Änderungen ein, um diese genehmigen zu lassen und dokumentieren diesen Fall entsprechend seiner Priorisierung. Sobald die Änderung genehmigt wird, sind die Softwareentwickler für die Durchführung, Überwachung und den Support bei Problemen zuständig.
Daneben nimmt die Change Authority eine zentrale Rolle im IT-Change-Management ein, da sie entscheidet, ob Änderungen implementiert werden. Teilweise handelt es sich dabei um Einzelpersonen, wie Führungskräften oder Manager. In anderen Fällen ist es eine Gruppe von Personen im CAB oder ein Peer Reviewer. Generell arbeiten Change Manager eng mit der Change Authority zusammen, um den Prozess so effizient wie möglich zu gestalten.
Eine große Herausforderung im IT-Change-Management ist der Faktor Mensch, denn viele Angestellte stehen Veränderungen kritisch gegenüber. Aus diesem Grund kommen viele Change-Management-Projekte nur langsam voran oder schaffen es erst gar nicht in die Umsetzung, obwohl sie technologische Vorteile bieten. Deshalb zeigen wir hier auf, wie man diese Hürden überwinden kann.
Im ersten Schritt solltest du versuchen zu verstehen, weshalb sich die Angestellten überhaupt gegen die unbekannte Veränderung sträuben. Im Grunde gibt es laut der Psychologie dafür zwei mögliche Gründe: Verlustangst oder Versagensangst.
Bei der Verlustangst befürchten deine Mitarbeiter vielleicht, dass ihre berufliche Expertise oder Position durch die Änderung bedroht sein könnte. Gerade wenn Aufgaben dezentral ausgelagert werden, ist diese Sorge berechtigt. Wiederum sieht sich der Mitarbeiter bei der Versagensangst selbst an inadäquat an und denkt möglicherweise, er wäre den neuen Technologien nicht gewachsen.
In beiden Fällen sollten die Bedenken im persönlichen Gespräch besprochen werden, um eine gemeinsame Vertrauensbasis zu schaffen. Deshalb sollte man als Verantwortlicher für das Projekt lieber zu viel kommunizieren, anstatt zu wenig.
Gleichzeitig werden deine Angestellten den Change besser verstehen könne, wenn sie die Notwendigkeit verstehen. Deshalb musst du deutlich kommunizieren, weshalb der Change gebraucht wird und welche Vorteile sich daraus konkret ergeben. Nur wenn du es schaffst, das Potenzial neuer Anwendungen aufzuzeigen, kannst du die Begeisterung deines Teams erwarten.
Gemeinsam mit dem Change-Management Team kannst du diese Fragen schriftlich beantworten und konkrete Antworten liefern.
Denn nur wer Klarheit über die eigene Mission hat, kann diese entsprechend nach innen kommunizieren.
In der Praxis sieht man Change-Prozesse oft scheitern, weil nur die Führungsebene Einfluss auf den Verlauf der Projekte nehmen kann. Dadurch fühlen sich deine Angestellten bevormundet, da über ihre Köpfe hinweg entschieden wird und sie den Change dann ausführen müssen. Daher kann es sinnvoll sein, reguläre Mitarbeiter in den gesamten Prozess einzubinden, um ihre Perspektive nicht zu vernachlässigen. Hierfür kann ein abteilungsübergreifendes Gremium gebildet werden, welches das Feedback zum Change-Prozess an den Change-Manager weitergibt.
Damit dein Projekt gelingen kann, muss die Führungsetage mit gutem Beispiel vorangehen. Denn nur wenn auf die eigenen Worte auch Taten folgen, ist das für die Mitarbeiter glaubwürdig und inspirierend. Beispielsweise kann man die gleichen Weiterbildungen wie die Angestellten besuchen, um sich über die Neuerungen schulen zu lassen. Dadurch bewegt man sich mit dem Team auf Augenhöhe, kann aber gleichzeitig auch als eine Art Mentor agieren.
IT-Change-Management ist ein relevanter Prozess in der Unternehmens-IT, um Veränderungen effektiv zu steuern und umzusetzen. Durch klar definierte Schritte, Dokumentation und Genehmigung können IT-Änderungen kontrolliert und effizient durchgeführt werden, was Serviceausfälle minimiert und den Mehrwert für Endbenutzer schneller bereitstellt. Verschiedene Rollen, wie Change-Manager und Change Authority, spielen wichtige Rollen in diesem Prozess und müssen klar definiert werden. Das Verständnis und die Überwindung der Widerstände gegen Veränderungen sind entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von IT-Change-Management.
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